Fallstudie: Vergleich AIS & PLB 406MHz

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Hintergrund

Im Rahmen unserer diversen Messeaktivitäten stellen wir leider immer wieder fest, dass Begrifflichkeiten und unterschiedliche System verwechselt werden oder unterschiedliche Funktionen diverser Systeme zusammengefasst werden. Im Gespräch kommen dann Fragen wie:

AIS oder PLB, wo soll da der Unterschied sein? Laufen doch beide über Satellit.

AIS sendet doch auch über Satellit, oder?

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Einführung - Zweck der Fallstudie

In dieser Fallstudie wollen wir näher auf die Unterschiede, auf die Vorteile, aber auch auf Grundsätzliches eingehen. Je nach Situation und Anwendungegebiet empfiehlt sich das Eine oder das Andere als sinnvolle Lösung. Beide Systeme haben einen lebensrettenden Aspekt.

Es soll nichts schlecht geredet werden. Uns ist es jedoch wichtig, dass die jeweiligen Funktionsweisen klar verständlich dargestellt werden. Dies soll dann eine Entscheidungshilfe sein, das System auszuwählen, das zur persönlichen Situation am besten passt. Unwissenheit kann in MOB (Mensch über Bord) Situationen leider ein tödlicher Faktor sein.
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Konkrete Problemstellung

Ausgangsbasis dieser Fallstudie ist eine bei einsetzender Dämmerung und mittlerem Wellengang über Bord gegangene Person im Wasser. Die Person hatte zum Glück eine automatische Rettungsweste angelegt.

AIS – local alerting

In der auomatischen Rettungsweste ist ein AIS Rettungssender integriert. Durch die Aktivierung der Rettungsweste bzw. durch Wasserkontakt wurde auch der AIS Rettungssender automatisch aktiviert.

Unmittelbar nach der Aktivierung bestimmt der Rettungssender mittels GPS Empfänger die aktuelle Position im Wasser (ähnlich wie das Navi im Auto). Dies ist die einzige Funktion, bei der ein AIS Rettungssender mit einem Satelliten in Kontakt kommt. Ist dieser GPS Fix erfolgt, so wird auf den beiden weltweit genormten AIS UKW Frequenzen eine sogenannte “Safety Related Message”, kurz SRM,  in den AIS Traffic gesendet. Diese SRM kann von jedem Boot im Umkreis von bis zu 20 Seemeilen (abhängig von Gerät, Wettersituation und Höhe der Empfangsantenne) empfangen werden, wenn es über einen AIS Empfänger oder AIS Sende/Empfänger verfügt.

Die gesendete SRM beinhaltet neben der aktuellen GPS Position des Senders / der Person im Wasser auch die individuelle Gerätenummer des Senders. Diese Nummer beginnt mit ‘970’ bei einem AIS SART bzw. ‘972’ bei einem AIS MOB und wird als MMSI des Rettungssenders genutzt, mit der er in das AIS System sendet. Durch die ‘970’ oder ‘972’ erkennt das AIS System, dass es sich bei der empfangenen Positionsmeldung nicht um eine Schiffsposition, sondern um einen aktivierten AIS Rettungssender handelt. Daher wird auf dem angeschlossenen Kartenplotter in der elektronischen Seekarte folgendes Symbol angezeigt: ein rotes Kreuz mit einem roten Kreis

Das rote Kreuz mit dem roten Kreis ist das international gültige Symbol für einen aktivierten AIS Rettungssender. Duch dieses Symbol ist die Person in Not bestmöglich von anderen Schiffspositionen, die auf dem Kartenplotter angezeigt werden, zu unterscheiden.

Zusätzlich zum Symbol erscheinen weitere Details wie die Unit-ID, Beschreibung der Position mit Längen- und Breitenangabe sowie Kurs und Geschwindigkeit über Grund, mit denen die Perosn in einer möglichen Strömung abgetrieben wird. Die Angaben zu Kurs und Geschwindigkeit ergeben sich aus sich verändernden Positionsmeldungen pro Zeitintervall. Jeder kennt dies vom Navi aus dem Auto. Jede Minute bestimmt der AIS Rettungssender seine GPS Position neu und sendet diese ins das AIS System.

Somit erhält jedes Schiff in der unmittelbaren Umgebung per AIS ein aktuelles Update auf die elektronische Seekarte. Vor allem das eigene Schiff kann so aktiv in die Suche und die Rettung eingreifen, da es ja die kürzeste Entfernung zum Verunglückten hat. Die Person ist ja erst vor kurzem hier über Bord gegangen. Vorausgesetzt, es befindet sich noch Crew an Bord. Falls dies nicht der Fall ist, werden auf jeden Fall andere Schiffe über die Notsituation informiert. Je nach Revier können das sehr viele sein, auch wenn sie mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind.

 

PLB – 406MHz

Auch hier ist als Ausgangsbasis wieder eine automatische Rettungsweste mit einem Notsender ausgestattet. In diesem Fall jedoch mit einem PLB, der auf 406MHz ein Notsignal sendet. Zuerst findet auch hier eine Positionsbestimmung mittels der GPS (GNSS) Satelliten statt. Ist diese erfolgt, dann erfolgt die Aussendung des Notsignals an die COSPAR/SARSAT Satelliten, die im Orbit verteilt sind. Das Notsignal enthält die Unit ID des PLB und die ermittelte Position des Senders.

Wenn ein Satellit nach spätestens 4 Stunden in Empfangsnähe ist, dann wird das Signal von ihm aufgenommen, wobei diese Prozedur bis max. 15 Minuten dauern kann. Sobald dieser Satellit dann eine Bodenstation MCC (Mission Control Center) unter sich in Empfangsnähe hat, wird die Notfallmeldung an die Bodenstation übertragen. Dies kann längstens auch wieder 15 Minuten betragen. Von der Bodenstation aus wird die Information an ein RCC ( Rescue Coordination Center) weitergeleitet. Von dort geht die Information über eine eingegangene Notfallmeldung nun an ein MRCC (Maritime Rescue Coordination Center). Hier werden nun SAR Kräfte für die Rettungsmission ausgesendet.

Konkret für die Deutsche Nordseebucht bedeutet dies:

  • Empfang des PLB Signals beim MCC in Toulouse
  • Weiterleitung der Notfallmeldung an das RCC in Münster
  • Weiterleitung an das MRCC in Bremen (von der DGzRS betrieben)
  • Einleitung der Rettungsmission mittels SAR Kreuzer und/oder SAR Hubschrauber

Dieser Ablauf birgt jedoch ein entscheidenes Problem.

Schiffe, die sich in unmittelbarer Nähe zu der verunglückten Person im Wasser befinden, wie auch das eigene Schiff, können das ausgesendete PLB Notsignal nicht empfangen und können so auch nicht über eine mögliche Notsituation bzw. deren Position informiert werden. Nebenstehend ist ein Screenshot von wwwmarinetraffic.com zu sehen, der die Situation der Berufsschifffahrt in der Deutschen Bucht darstellt. Sportboote mit AIS sind hier gar nicht berücksichtigt. Man erkennt trotzdem deutlich, wie viel “Verkehr” hier herrscht, wie viele Schiffe in der Umgebung sind, die man aber nicht mit dem bloßen Auge erkennen kann. Kein Einziges dieser Schiffe empfängt das PLB Signal. Jedes diese hier abgebildeten Schiffe ist jedoch in der Lage, die SRM eines aktivierten AIS Rettungssenders zu empfangen.

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Fazit

“Wer nicht gesehen wird, kann nicht gerettet werden!” – Gerade bei Mann über Bord Situationen spielt die Zeit einen wichtigen Faktor. Die Zeitspanne, in der eine Person im Wasser überleben kann, ist gering und verkürzt sich mit abnehmender Wassertemperatur rapide. Daher ist es wichtig, dass ein MOB so schnell wir möglich gesehen werden kann – dass so schnell wie möglich Hilfe wor Ort sein kann. Das eigene Schiff spielt da eine große Rolle. Ein nicht empfangbares PLB Signal läßt diese erste, schnelle Eingriffsinstanz außen vor.

Ich segel Einhand, mir nutzt kein AIS. Es ist ja keiner mehr an Bord!

Das ist im ersten Schritt richtig. Je nach Revier, in dem Einhand gesegelt wird, kann AIS eine mögliche MOB Situation schnell entschärfen, obwohl sich an Bord des eigenen Schiffes kein Crewmitglied mehr befindet. Ein weiterer Screenshot des Ostseegebietes von www.marinetraffic.com verdeutlicht auch hier die große Anzahl an AIS fähigen Schiffen. Auch hier sind nur Berufsschiffe dargestellt. Nicht eingeblendet ist die Vielzahl an Segel- und Motorbooten aus dem Freizeitsektor. Alle können AIS empfangen, keiner jedoch das PLB Signal.

Wenn man in einem Gebiet Einhand unterwegs bin, in dem kaum Schiffsverkehr herrscht, dann ist ein PLB unverzichtbar. Falls man sich jedoch zu Zweit in diesem Gebiet befindet, und es kommt zu einer MOB Situation, dann wäre ein PLB die falsche Wahl, da das eigeneSchiff das Signal nicht empfängt. Wohl aber das AIS Signal.

So unterschiedlich die beiden Systeme arbeiten, so unterschiedlich sind auch die Anwendungsgebiet. Denken Sie daher genau nach, was Sie machen und wo Sie mit Ihrem Schiff unterwegs sind. Erst wenn Sie sich sicher sind treffen Sie Ihre Kaufentscheidung.

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